So heisst es ziemlich schwammig in unserem Grundgesetz. Das Thema über das ich mich jetzt auslassen werde spielt aber nicht in Deutschland, es spielt nicht einmal in der EU.
Es geht um die Türkei und es geht um Widerstand.
Wer die internationalen Nachrichten verfolgt, merkt, dass es in dem EU-Anwärter Türkei ziemlich brodelt. Es geht aktuell um die Wahl des Präsidenten, der durch das Parlament bestimmt wird. Der Träger dieses Amtes hat immense Macht inne...
- Er ernennt den Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag auch die Minister.
- Er ernennt drei von elf Mitgliedern des Verfassungsgerichts allein; die übrigen wählt er aus je drei Kandidaten aus, die von den obersten Gerichtshöfen und dem Hochschulrat (YÖK) gestellt werden.
- Er ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates.
- Im Namen der Nationalversammlung vertritt er den Oberbefehl über die Armee und ernennt auf Vorschlag des Ministerrates den Generalstabschef (Artikel 117).
- Er entscheidet über den Auslandseinsatz der Armee, was jedoch einen Beschluss des Parlaments voraussetzt.
- Bei der Gesetzgebung hat er ein materielles Prüfungsrecht.
- Er kann die Nationalversammlung auflösen, wenn der Ministerrat von ihm nicht das Vertrauen erhält oder ihm das Vertrauen entzieht und kein neuer Ministerrat in 45 Tagen gebildet werden kann.
- Er kann - wenn er es für erforderlich hält - sogar den Vorsitz des Ministerrates übernehmen; dies ermächigt ihn jedoch nicht, die Tagesordnung festzulegen und die politische Initiative zu ergreifen.
Dass das nicht geschehen ist, hängt mit der ganz speziellen Stellung des Militärs in der Türkei zusammen.
Das Militär sieht sich als Schützer der Verfassung und besonders als Schützer der Laizität, also der Trennung von Staat und Religion. Die Usurpatoren in grün also.
Die Militärs haben in der knapp 70 jährigen Geschichte der türkischen Republik vier mal nicht davor zurückgeschreckt, ihren sich selbst zugesprochenen Auftrag mithilfe von Putschen durchzusetzen. Der letzte ist zwar schon 10 Jahre her, doch vor kurzem hat die Militärführung so offen gedroht wie schon lange nicht mehr. Dort will man nicht einen stark islamisch geprägten Kandidaten für das Amt akzeptieren, und hat in dem Sinne schon einen Sieg errungen. Erdogan hat seine Kandidatur fallengelassen und stattdessen seinen Außenminister und Vertrauten Gül ins Rennen geschickt.
Viele sehen darin immernoch keine anständige Lösung und eine Untergrabung der Laizität. Die Regierung versucht das Militär in seine Schranken zu weisen, die EU fordert sie ebenfalls dazu auf, der Demokratie ihren Lauf zu lassen.
Die Militärs sind jetzt in einer schwierigen Situation, egal was sie tun, es ist eine schlechte Entscheidung.
Putschen sie, heisst es, sie untergraben die Demokratie und es wird Protest von Seiten der EU hageln. Andererseits würden sie so das beschützen, was sie glauben ist der Grundpfeiler der türkischen Republik.
Putschen sie nicht, haben sie für mindestens eine Amtsperiode einen islamisch geprägten Präsidenten und die Möglichkeit, dass die Republik in eine Politik und Gesellschaft abrutscht, wie seine östliche Nachbarn. Die Türkei war bisher eine der wenigen islamischen Nationen, in denen die Demokratie wirklich funktioniert, Grund- und Menschenrechte nicht nur auf dem Papier vorhanden sind.
Einen Ausweg aus dieser Lage hat die Opposition vielleicht geschaffen. Durch einen Boykott der ersten Abstimmungsrunde haben sie es geschafft, dass weniger als zwei drittel der Abgeordneten anwesend waren. Wenn sie es schaffen, dass das oberste Gericht die Abstimmung für ungültig erklärt, gibt es nur den Ausweg: Neuwahlen in 45-90 Tagen.
Das könnte die Lage im Parlament ändern und so die Militärs beruhigen.
Diese Situation, die gerade in der Türkei herrscht, könnte durchaus auch für die laufenden Beitrittsgespräche zur EU wichtig sein.
Links:
http://en.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkei
http://orf.at/070428-11753/index.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen